Symbol der Hoffnung und des Wandels
So mancher Engel, der uns im Leben begegnet, wird vielleicht übersehen – aber dieser nicht. Der 20 Meter hohe „Angel of the North“ breitet seine Flügel auf einem Hügel nahe der nordenglischen Stadt Gateshead wie zu einer Umarmung aus. Längst ist die Skulptur zu einem Sinnbild einer Region geworden, die sich nach dem Ende der Kohle- und Stahl-Ära wandeln musste, weg von der Schwerindustrie, hin zu Dienstleistung, Kultur und Kunst (ähnlich wie in Deutschland das Ruhrgebiet). Seit 1998 steht der Engel dort, für die Menschen aus Gateshead und Newcastle hat er – nach anfänglicher Skepsis – eine vergleichbare Bedeutung wie die Freiheitsstatue für New York.
Posing mit dem stählernen Engel
Wer sich mit ihm fotografieren lässt, nimmt meist automatisch dieselbe Pose ein und breitet die Arme aus; das lässt sich immer wieder beobachten. Es muss inzwischen Millionen solcher Fotos geben. Im Gegensatz zur Figur, die kein Gesicht hat, lächeln die Nachahmer aber fast immer beseelt. Das ist auch ganz richtig so, denn Künstler Antony Gormley hat sein Werk als Symbol der Hoffnung gedacht.
Unter der Skulptur wurde zwei Jahrhunderte lang Kohle abgebaut. Die Arbeit war gefährlich, die Umgebung düster, da brauchten die Menschen einen Schutzengel. Antony Gormley hat ihn sozusagen ans Tageslicht geholt und auch das Material mit Bedacht ausgewählt: Es sollte Stahl sein, um an die Zeit der Schwerindustrie zu erinnern, und zwar Cortenstahl. Er bildet eine rostrote oxidierte Schicht und damit seinen eigenen Wetterschutz.
Der Engel des Nordens hat eine Flügelspannweite von 54 Metern, mehr als eine Boeing 757, und wird von einem tonnenschweren Betonfundament gehalten. Seine Flügel sind gerippt und so konzipiert, dass sie auch Stürmen standhalten.
Rekordpreise für die Modelle
Bevor die Skulptur geschmiedet wurde, fertigte der Künstler, wie es üblich ist, maßstabsgetreue Modelle. Diese Mini-Engel sind heute begehrte Sammlerstücke; eine 1,90 Meter hohe Figur erzielte bei einer Auktion fast dreieinhalb Millionen Pfund. Wo sie heute steht, ist unbekannt, der Ersteigerer blieb anonym. Ein anderes Modell verschönert den Skulpturengarten des Nationalmuseums im australischen Canberra.
Die Aufstellung der riesigen Engelsfigur war Teil eines Programms zur Umgestaltung, mit dem Gateshead und die direkte Nachbarstadt Newcastle gemeinsam versuchten, den Wandel zu gestalten. So entstanden neue Kulturzentren, Galerien und Museen sowie Bürogebäude. Das Ufer des Tyne, einst eine verrufene Gegend, ist heute auf beiden Seiten des Flusses zum Schmuckstück geworden und wird von historischen wie neuen Brücken überspannt.
PS. Die Stadt Gateshead liegt auf der einen Seite des Flusses Tyne, gegenüber befindet sich Newcastle upon Tyne. Beide Städte sind durch zehn Brücken verbunden, darunter die Gateshead Millennium Bridge.
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