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Jeremy Irons in Irland: Ein Mann, ein Schloss

Jeremy Irons in Irland: Ein Mann, ein Schloss

Jeremy Irons ist ein Mann, der nicht erklären möchte, warum er so lebt, wie er lebt. Er ist auch keiner, der das Setting ausschlachtet, obwohl es sich anbieten würde. Ein mittelalterliches Schloss in West Cork, Wind, Wasser, Abgeschiedenheit, dazu ein Name, der seit Jahrzehnten international funktioniert – all das könnte leicht zur Boulevard-Story werden, wenn Irons daran nicht so offensichtlich wenig Interesse hätte.

Kilcoe Castle liegt dort, wo die Straßen Irlands schmäler werden und die Gespräche kürzer. Eine McCarthy-Festung aus dem 15. Jahrhundert, die über Generationen hinweg dem Atlantik vor der Südwestküste Irlands trotzen musste – bis Irons ihr neues Leben einhauchte. Sechs Jahre dauerte die liebevolle Restaurierung der alten Gemäuer, finanziert aus den Gagen des international erfolgreichen Schauspielers.

Wer hier lebt, sucht keinen Komfort

Für die irische Zeitung Irish Independent öffnet der 77-Jährige selbst die Tür. Auf den Bildern trägt er einen roten Vintage-Morgenrock aus Samt, alte Jeans und Wanderstiefel. Typisch irisch? No way. Typisch Irons? Unbedingt. Wer die Wände eines mittelalterlichen Schlosses in Pfirsich-Pink streicht, ist alles andere als konventionell.

Der Weg ins Innere führt durch mehrere Höfe und schwere Tore, der Wind pfeift heulend um die Ecken, bis es klingt wie das Geisterhaus, das Irons 1993 gemeinsam mit Meryl Streep bewohnte. Schutz gibt es draußen keinen. Erst hinter den dicken Mauern des Schlosses kehrt Ruhe ein.

Im Schloss selbst geht es nicht weniger exzentrisch zu: Nordafrikanische Teppiche liegen auf dem Steinboden vor dem flackernden Kaminfeuer, auf der Anlage im großen Saal läuft leise Bluegrass, in einer Ecke steht ein hölzernes Pferd. An der Wand lehnt ein Schwert, ein Geschenk von Regisseur Ridley Scott. „Ein Jazzriff auf das Mittelalter“, nennt Irons diese Mischung.

Der Raum ist so groß, dass man problemlos ein zweistöckiges Haus darin unterbringen könnte – und wirkt doch überraschend behaglich. Oben verläuft eine hölzerne Galerie, auf einem Beistelltisch brennt ein Räucherstäbchen, daneben steht ein altes Foto von Jeremy Irons mit seiner Frau Sinéad Cusack und den gemeinsamen Söhnen Sam und Max, die inzwischen längst erwachsen sind.

Trotz Sturm und peitschendem Wind draußen liegt über dem Raum eine beinahe gespenstische Ruhe. Die schmalen Fenster sind Schießscharten, gebaut zum Pfeileschießen, nicht für den Panoramablick. Die Mauern sind zwischen knapp einem und über zwei Meter dick. Irons schläft ganz oben im Turm. Nachts, erklärt er im Interview, sei es wunderbar, den Wind heulen zu hören, während man im Bett liegt. Es sei der einzige Raum im Schloss, in dem man ihn so laut höre.

Ein Engländer in Irland

Irons lebt seit zwanzig Jahren in Irland und weiß genau, dass er ein Zugezogener ist. Ein Blow-in, sagt er. Und doch wirkt seine Verbindung zu West Cork authentisch. Er segelt hier, jagt, lässt Messen im Schloss stattfinden, feiert mit Nachbarn bis tief in die Nacht. Menschen leben weit auseinander, kommen aber zusammen, wenn es darauf ankommt. Geburt, Hochzeit, Tod. Das respektiert er. England empfindet er als fragmentiert. Irland als unpraktisch, widerspenstig und verbindlich. Nicht jeder halte das aus. Er schon.

Um sich den Iren noch zugehöriger zu fühlen, hat Irons sogar gelernt, die irische Fiddle zu spielen – nicht aus Folklore, sondern aus dem Wunsch heraus, bei spontanen Sessions in den Pubs von West Cork mitspielen zu können. Die Musik, sagt er, berühre eine Tiefe in ihm, die weniger mit Herkunft als mit Gemeinschaft zu tun hat.

Warum West Cork und kein Penthouse?

Vielleicht, sagt er im Gespräch mit dem Irish Independent, wegen einer anarchischen Seite in ihm. Erzogen auf einer britischen Eliteschule – vorbereitet auf das Britische Empire, das längst Geschichte ist. Regeln hätten ihn nie wirklich interessiert. Vielleicht auch, weil diese Landschaft keine Erwartungen hat.

Im Garten spiegeln pastellfarbene Bojen im Hof Irons Hang zur Exzentrik und seine antiautoritäre Haltung. Sein Nachbar hätte sie wohl lieber grau gesehen, lacht Irons. Aber ein bisschen mediterrane Helligkeit schade schließlich nie. Und in West Cork erst recht nicht.

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