Was wäre britischer als ein „pier“, eine dekorative Seebrücke, die weit ins Meer ragt? Diese Eisenstege sind Meisterwerke viktorianischer Baukunst, nostalgisch und wunderschön anzuschauen und bringen uns trockenen Fußes übers Wasser. Wenn sie ganz typisch sind, dann haben sie Aufbauten mit Pavillons, Cafés und sogar Theatern, ein Riesenrad und Karussells oder wenigstens eine Rutsche für die Kinder, jede Menge Spielhallen und Imbissbuden sowie Liegestühle fürs Sonnenbad. Alles mit Meerblick.
Andere sind ruhiger, ohne viel Kommerz und locken allein mit ihrer architektonischen Schönheit und Lage Besucherinnen und Besucher an.
Die schönsten britischen Seebrücken
Hier einige unserer (weniger rummeligen) Favoriten:
- Southport Pier, Merseyside: ohne Rummel, aber mit Straßenbahn
- Worthing Pier, Sussex: wunderschön im Art-déco-Stil
- Llandudno Pier in Wales: nostalgisch und proper
- Cromer Pier, Norfolk: keine Spielhallen, aber ein beliebtes Varieté-Theater
Wind und Wetter setzen den „piers“ zu
In den Seebädern rund um die britischen Küsten standen einst hundert Seebrücken, heute besteht noch etwa die Hälfte. Der Grund: Sie sind sturmanfällig, müssen wegen der Seeluft ständig gewartet und gestrichen werden, kosten daher Geld und werden, wenn die Finanzen knapp sind, oft vernachlässigt. So kommt es, dass mancher „pleasure pier“ einfach ins Meer gesunken ist. Andere brannten ab und wurden nicht wieder aufgebaut, darunter der berühmte Brighton West Pier, dessen Gerippe noch im Meer steht.
Anlegestellen für Vergnügungsdampfer
Das 19. Jahrhundert war die Boom-Zeit der schmiedeeisernen Konstruktionen. Die Eisenbahn – dieses schnaufende, neu entwickelte Wunderwerk – ermöglichte auch Menschen, die im Landesinnern wohnten, Ausflüge ans Meer. Etwa zeitgleich entstand so etwas wie eine Freizeitindustrie, was noch hundert Jahre zuvor völlig undenkbar gewesen wäre. Die ersten „piers“ wurden als Anlegestelle für Vergnügungsdampfer gebaut. Noch in den 1950ern waren sie die glamourösen Stars der Seebäder. Viele ältere Briten und Britinnen erinnern sich mit Wehmut an Rollschuhpartien auf den Planken, an abendliche Illuminationen und Feuerwerk und an die Süßigkeiten, die sie sich an den Buden mit sauer ersparten Pennys kauften.
2023 ist „Year of the Pier“
Ab den 1960ern schlug der Wind um, immer mehr Menschen reisten lieber ins sonnensichere Ausland. Damit bekamen viele Küstenorte Probleme, einige schlossen ihre „pleasure piers“ und ließen sie verkommen, was wiederum den Niedergang beschleunigte.
1979 – etwa die Zeit, in der die Nostalgiewelle einsetzte – wurde dann auf Initiative des bekannten Lyrikers John Betjeman die National Piers Society gegründet. Ihr Ziel ist es, diese wunderschönen Bauwerke zu erhalten. 2023 hat sie zum „Year of the Pier“ ausgerufen. Und wie jedes Jahr wurde auch der „Pier of the Year“ gekürt – Southend Pier in Southend-on-Sea, Essex. Diese Seebrücke ragt mehr als zwei Kilometer in die Themsemündung, genau genommen sind es 2,16 Kilometer. Damit ist sie die längste weltweit.
Leserbriefe (3)
Angela Bartsch
am 20.07.2023Lisa
am 20.07.2023THE BRITISH SHOP Online-Team
am 21.07.2023vielen Dank für Ihren Leserbrief! Da "Pennys" in unserem Blogbeitrag groß geschrieben ist, ist der deutsche Plural richtig angewendet. Die englische Mehrzahl von "penny" ist übrigens "pence", einer der vielen kleinen Fallen der englischen Sprache.
Mit freundlichen Grüßen
THE BRITISH SHOP Online-Team