Wer in Großbritannien „Apple Pie“ bestellt oder einen leckeren „Apple Crumble“ mit Streuseln und Vanillesauce, wird fast immer in den Genuss von Bramley-Äpfeln kommen. Diese Sorte ist die mit Abstand beliebteste zum Backen und Kochen, denn Bramley – roh eine sehr saure Angelegenheit – harmoniert wunderbar mit Zucker. Er wird weich, aber zerfällt nicht zu Brei und passt auch zu pikanten Gerichten wie etwa Wild. Bei uns ist dieser tolle aromatische Apfel leider nahezu unbekannt.
Der Stamm-Baum des Bramley, um es mal so auszudrücken, steht in Southwell in den englischen Midlands, nicht weit von Nottingham, in einem Cottage-Garten. Er ist mehr als 200 Jahre alt. Eine junge Frau steckte um 1809 ein paar Kerne in die Erde, und einer der Setzlinge, die daraus wuchsen, entwickelte sich zu einem Baum mit ungewöhnlich reicher Ernte. Somit ist der Bramley keine Züchtung, sondern ein sogenannter Zufallssämling. Leider geht es dem Baum-Opa heute nicht gut, obwohl er immer noch trägt. Studentinnen und Studenten der University Trent of Nottingham bemühen sich nach Kräften, ihn noch möglichst lange am Leben zu erhalten: Die Uni hat ein Forschungsprojekt aus der Pflege dieses Naturdenkmals gemacht und das Gelände gekauft. Die Cottages sind heute Studentenunterkünfte; an Mary Annes Haus hängt eine Plakette. Übrigens stammt der Name Bramley nicht von der gleichnamigen Stadt in Yorkshire, jedenfalls nicht direkt, sondern von einem gewissen Matthew Bramley, dem der Garten gehörte, als die ersten Äpfel in den Handel kamen.
Das Städtchen Southwell ist sehr stolz auf seinen Superapfel und feiert ihn jedes Jahr zum landesweiten „Apple Day“ mit einem eigenen Festival (diesmal am 19. Oktober), das im Freien, vor allem aber mit vielen Ständen und Aktionen im „Minster“ gefeiert wird. Diese Kirche, die trotz ihres Namens Bischofssitz und somit eigentlich eine „Cathedral“ ist, hat sogar ein Fenster, das den Bramley würdigt. Es wurde 2009 zum 200-jährigen Jubiläum der Apfelsorte eingesetzt und dürfte eines der wenigen Kirchenfenster sein, auf dem Äpfel nicht nur im Zusammenhang mit dem Sündenfall zu sehen sind.
PS. Falls Sie gern nach englischen Rezepten backen: Der beste Ersatz für den Bramley ist der Boskoop.
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