Die Sonne scheint, die Lämmlein blöken, die Knospen springen auf – höchste Zeit für den Frühjahrsputz! Oder? Früher ein dringend notwendiges Ritual, hat das gründliche Saubermachen zum Beginn der neuen Saison noch immer eine gewisse Bedeutung. Zum Beispiel eine psychologische: Blitzblank geputzte Räume haben etwas sehr Beflügelndes, außerdem findet man unter der Kommode noch die letzte geflüchtete Christbaumkugel. In Großbritannien heißt der Frühjahrsputz „spring cleaning“ und hielt sich noch länger als bei uns, da auf der Insel bis weit in die 1980er offene Kamine die wichtigste Heizquelle im Hause darstellten. Und wo mit Kohle oder Holz geheizt wird, da sammeln sich Ruß und Staub, legen sich den Winter über gemütlich auf alle Flächen und richten sich auf einen längeren Aufenthalt ein. Ehe im Frühjahr das Heizen eingestellt wurde (früher als auf dem Kontinent, die Briten waren und sind keine Frostbeulen), mussten diese Ablagerungen hinausgescheucht werden. Auch der „fireplace“ und der gusseiserne „range cooker“ in der Küche bekamen eine Generalreinigung.
Heute haben die Briten Zentralheizung, trotzdem finden sich in Zeitschriften und auf Internetseiten viele Tipps fürs Großreinemachen. Es ist aber nicht mehr üblich, alles an einem einzigen Tag zu erledigen – je nach Wohnungs- oder Hausgröße ohne Personal ohnehin nicht zu bewältigen. Die Zeit der Haushalte mit reichlich Dienerschaft ging nach dem Ersten, allerspätestens nach dem Zweiten Weltkrieg zu Ende.
Putzen ist für manche Menschen Qual, für andere aber eine Gelegenheit, zur Ruhe zu kommen, den Kopf ein bisschen abzuschalten und etwas absolut Sinnvolles und Handwerkliches zu tun, dessen Ergebnis dann Freude macht. Jedenfalls der Sauberfrau oder dem Saubermann selbst – Familienmitglieder pflegen den Unterschied nicht wahrzunehmen und als erstes mit schmutzigen Schuhen durch den Flur zu eilen. Aber so ist das eben. Sisyphusarbeit oder nicht, ein Weilchen hält das Ergebnis schon an, erfüllt uns mit Stolz und ermutigt uns auch, die Osterdeko herauszuholen, hellere Kissen auf dem Sofa zu verteilen und ganz für uns und im Stillen den Frühling zu feiern!
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