Sowas hätt's früher nicht gegeben! In einem Londoner Hotel, das überhaupt nicht billig war (eher im Gegenteil), machten wir uns auf die Suche nach den „tea and coffee making facilities“. Sprich: dem Tablett mit Wasserkocher, Teebeuteln, Pulverkaffee, Keksen und Co. Und? Es war nicht da. Das Hotel hatte offenbar entschieden, dass es nicht fein ist, die Gäste den Tee selbst kochen zu lassen.
Nun soll man ja nichts aufbauschen, aber mal ehrlich: Das ist doch ein Skandal! Das Teetablett gehört zum englischen Hotelwesen genauso wie der versteckte Fön (der nämlich nie im Bad sein darf, weil das verboten ist, und meist in einer Kommode liegt). Oder wie das Fenster zum Hochschieben. Nur haben sich nach und nach Hotels der besseren Kategorie sowie manche „Boutique“-Hotels von dieser uralten Tradition verabschiedet. Natürlich klammheimlich. Uns ist das in letzter Zeit öfter passiert, und ab sofort wird nur noch gebucht, wo die „tea and coffee making facilities“ ausdrücklich auf der Website erwähnt sind. Bei Bed-&-Breakfast-Häusern scheint es noch die Regel zu sein, bei vielen Mittelklassehotels sowie einigen Ketten – Malmaison zum Beispiel – auch.
Es gibt keinen schöneren Start in den Tag, als im Hotelbett aus dem Fenster zu träumen und dabei eine Tasse Tee zu trinken. Das Gleiche gilt, wenn der Reisende nach Besichtigungen erschöpft ins Hotel heimkehrt und sich nach dem Duschen und vor dem Umziehen fürs Abendessen „a lovely cup of tea“ gönnen kann. Selbst ist die Frau oder der Mann!
Früher gab es übrigens auch auf den Fähren, die über Nacht nach Großbritannien fahren, fertig zubereiteten „early morning tea“ inbegriffen: Da stand tatsächlich morgens ein Steward vor der Tür. Auch dieses kleine Extra gehört längst der Vergangenheit an, keiner will mehr den Steward bezahlen oder die Tassen spülen.
Aber, liebe Hoteliers, Sie sind gewarnt. Diesmal lassen wir das nicht zu, dass eine schöne alte Tradition einfach sang- und klanglos verschwindet. Lieber verschwinden wir aus Ihrem Hotel!
Leserbriefe (1)
Anne Filler
am 30.05.2016Eine gute Tasse Tee (wahlweise Kaffee) als Willkommensgruß kostet nicht viel und ist einfach eine liebevolle Geste, die ich sehr schätze - so, wie es beschrieben ist: Am Morgen direkt nach dem Aufstehen oder am Nachmittag zum Relaxen - alles ohne größere Umstände oder Mehrpreis...
Sollte ich also demnächst mal ein englisches Hotel ohne diese "facilities" finden, würde ich mich "beschweren" und Euren Tipp beherzigen und auch "verschwinden";))!
Anne Filler