In diesem Schlösschen turtelte kein anderer als König Heinrich der Achte
In einem kleinen schmucken Dörfchen der südenglischen Grafschaft Kent liegt Hever Castle, das seinen Namen vermutlich von den Sachsen erhalten hat. Das zugrunde liegende Wort „Heanyfre“ bedeutet „Hoher Rand“ und könnte sich auf die damalige hügelige Landschaft beziehen.
Hever Castle als Reiseziel
Wer sich auf einer Englandreise befindet oder ebendiese plant, sollte den Abstecher nach Hever Castle wagen, und zwar nicht nur, um mehr über die Liebeleien des wohl berüchtigten englischen Königs mit der Tochter des Schlossherrn, Anne Boleyn, in Erfahrung zu bringen, sondern auch, um sich in die rund siebenhundertjährige Geschichte dieses Anwesens zu vertiefen. Bei meinem Besuch diesen Frühling war der Himmel etwas wolkenüberzogen, dafür „leuchteten“ die Tulpen und Narzissen in ihren prächtigsten Farben. Außerdem sorgten noch ganz andere „Farbtupfer“ für Aufsehen und Unterhaltung: im Rahmen von „living actors“ drehen Schauspielerinnen und Schauspieler in Tudor Kleidung ihre Runden im und außerhalb des Schlosses. So stolzierte prompt Heinrich der Achte an mir vorbei, während zwei Bedienstete demütig die Gäste begrüßten. Gekonnt setzten sie sich in Szene und wechselten redselig Worte untereinander – typisch britisch mit dem dazugehörigen Humor!
An das Schloss grenzt ein vor über hundert Jahren komplett im Tudor-Stil aufgebautes Dorf, das liebevoll Tudor Village genannt wird. Hier besteht die Möglichkeit einer Übernachtung im Fünf Sterne Bed and Breakfast.
Anne Boleyn und Hever Castle
Wirklich interessant wird es, wenn man die Geschichte von Anne Boleyn betrachtet. Sie war die zweite Ehefrau von Heinrich dem Achten und wuchs im Schloss Hever auf. Sehr viele Andenken an sie sind in der dortigen Ausstellung zu sehen, unter anderem ihr Kinderzimmer oder die zahlreichen Liebesbriefe, die der König ihr nach Hever Castle schickte und von denen einige noch heute in der vatikanischen Bibliothek in Rom existieren. Die Standuhr, die der König ihr am Morgen der Hochzeit schenkte, ist als Replika ausgestellt.
Einziger Wermutstropfen: Die Liebe zwischen Heinrich und Anne fand ein jähes Ende, da Letztere ihm keinen Thronfolgen schenkte und schlussendlich wegen Ehebruchs zum Tod verurteilt wurde. Ihre Tochter Elisabeth stieg jedoch nach Ableben des Königs zu einer berühmten Monarchin heran: Die Regentschaft von Queen Elisabeth I. begeistert bis heute die Leute und bestimmte fortan das Leben auf den Britischen Inseln.
Einer der reichsten Männer der USA brachte Leben ins Schloss
Nach Dutzenden von Besitzerwechseln im Laufe der sieben Jahrhunderte kaufte 1903 William Waldorf Astor das Anwesen und ließ das Schloss in den nächsten fünf Jahren restaurieren. Es folgten Jahrzehnte von privaten Empfängen. Die ehemalige Queen Elisabeth II. soll auch als Gast dort gewesen sein! Aber erst sein Enkel Gavin öffnete die Toren des Hever Castle das erste Mal für die Öffentlichkeit und seitdem kann es besucht werden.
Mein Fazit lautet: Wer gerne mehr über die englischen Könige, vor allem aber Heinrich dem Achten, erfahren möchte, findet hier am Originalschauplatz seiner Begegnung mit Anne Boleyn faszinierende Exponate und spannende Geschichten in fast jeder Ecke und jedem Winkel des Schlosses. Im großzügig angelegten Garten kann man die Eindrücke bei einem ausgedehnten Spaziergang nochmals setzen lassen.
https://www.hevercastle.co.uk/
Leserbriefe (0)
Keine Leserbriefe gefunden!