Einen Monat ist es her, dass mich die Teilnahme an einem Seminar von Meckenheim nach Hamburg führte. Gerade im Hotel in St. Pauli angekommen fragte ich mich, wie ich wohl den Abend in der Hansestadt verbringen könnte. In einer Großstadt hat man da bekanntlich die Qual der Wahl: Nach wenigen Schritten aus der U-Bahn-Station heraus, bot sich mir die Möglichkeit, ins Millerntor-Stadion zu gehen. An diesem Abend fand nämlich ein Stadtderby zwischen dem FC St. Pauli (Gastgeber) und dem Hamburger SV statt. Aber auch wenn ich in unserem Blog hin und wieder über Englands „Three Lions“ schreibe, so gilt meine Begeisterung doch nicht so sehr dem Fußball. Zumal die starke Polizeipräsenz vor dem Stadion durchaus eine abschreckende Wirkung hatte.
Lesung in Hamburgs Speicherstadt
Dank dem online verfügbaren Veranstaltungskalender der Stadt Hamburg entdeckte ich ein Event in der Hamburger Speicherstadt, das wie geschaffen für mich und THE BRITISH SHOP war – deshalb schreibe ich jetzt darüber. Anlässlich des Harbour Front Literaturfestivals 2019 fand eine Lesung mit Rolf Seelmann-Eggebert statt. Falls Sie den Namen gerade nicht einordnen können, sein Gesicht, und vor allem seine Stimme, kennen Sie bestimmt! Schließlich kommentierte er nicht nur 34 Jahre lang die TV-Übertragung der „Last Night of the Proms“ im NDR, sondern berichtete seit Ende der 1970er-Jahre für die ARD über die europäischen Adelshäuser. Von 1968 bis 1976 war Seelmann-Eggebert ARD-Korrespondent für Westafrika, bevor er als Leiter des ARD-Studios nach London wechselte.
„Adelsexperte“ oder „Königsfritze“
Über viele Jahrzehnte wurde er zum „Adelsexperten“: Er führte Interviews mit den Royals verschiedener Königshäuser, und musste dafür manche Hürde nehmen, kommentierte königliche Hochzeiten, berichtete über royale Staatsbesuche in Deutschland, drehte Dokumentarfilme … Seine journalistische Arbeit war sehr umfangreich, und darüber hat er gemeinsam mit seiner Tochter Adele Seelmann-Eggebert ein Buch geschrieben: „In Hütten und Palästen – Ein Reporterleben“. Und eben diesen „Königsfritzen“, wie er sich selbst bezeichnet, und seine Tochter durfte ich in Hamburg erleben.
Was für ein Reporterleben!
Sie erzählten und lasen von ihren Jahren in Afrika und Großbritannien, von den Anfängen als Radioreporter, dem Kennenlernen von Barbara, seiner späteren Frau, anlässlich einer Israel-Reise … Inhaltliche Grundlage des Buches sind sowohl 12-stündiges Interview-Material zwischen Vater und Tochter als auch Briefe, die Rolf Seelmann-Eggebert und seine Frau in den Jahren ihrer Auslandsaufenthalte an die eigenen Eltern schrieben. Diese enthalten detailreiche Alltagsbeschreibungen der Familie Seelmann-Eggebert und sind so ein wunderbarer Inhaltslieferant.
Anekdoten sind das Salz in der Suppe
Eine Anekdote, die die beiden anlässlich der Lesung erzählten, möchte ich Ihnen nicht vorenthalten: Rolf Seelmann-Eggebert kommentierte 1981 die Hochzeit von Prinz Charles und Lady Diana. Während der Predigt des Erzbischofs fiel die Tonübertragung der BBC aus, sodass in die deutschen Wohnzimmer nur noch die NDR-Tonspur übertragen wurde. Zum Glück hatte „unser Mann in London“ den Predigttext (in englischer Sprache) vorab erhalten und konnte diese, quasi anstelle des Erzbischofs, für die Zuschauer in Deutschland wiedergeben, und dies gelang ihm zeitlich „just in time“, denn als die Ansprache in der Westminster Cathedral beendet war, war auch Rolf Seelmann-Eggebert mit seiner gedolmetschten Rede fertig.
Mein Fazit
Das (Reporter-)Leben des 1937 in Berlin geborenen Rolf Seelmann-Eggebert ist so spannend, dass ich das Buch sehr empfehlen kann. Und ihn persönlich zu erleben, war mir eine ebenso große Freude.
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