Sind Friedhöfe gruselig? Oder sind sie malerische Orte, in denen auch die Lebenden zur Ruhe kommen (wenn auch vorerst – hoffentlich – nicht zur letzten)? Darüber kann man sicher geteilter Meinung sein. Jedenfalls gibt ein Spaziergang durch die Gräberreihen Gelegenheit, über das Leben allgemein und über das der dort Bestatteten nachzudenken. Es muss ja vielleicht nicht gerade nachts sein oder gar in der Nacht zu Allerheiligen, „all hallowed´s eve“. So hieß Halloween früher, ehe es etwas mit Kürbissen, Süßem und Saurem zu tun hatte. Aber schon im Mittelalter fürchtete man sich vor umhergeisternden Untoten, die angeblich dieses Datum bevorzugten.
Friedhöfe in Großbritannien sehen ein wenig anders aus als unsere, wobei es natürlich große Unterschiede zwischen dem „churchyard“ an der Gemeindekirche eines Dorfes oder einer viktorianischen Nekropolis in einer Großstadt wie London oder Glasgow gibt. Ganz generell sind Blumen und Kränze zwar bei der Beerdigung genauso üblich, aber in den Jahren danach wächst häufig einfach Gras über das Grab. Besucher können also der Verstorbenen gedenken, ohne nach der Gießkanne suchen oder Unkraut zupfen zu müssen oder sich über den Gärtner zu ärgern, der mal wieder nichts getan hat. Andererseits bringt das Ritual der Grabpflege manchen Menschen auch Trost.
Die bekanntesten und schönsten Friedhöfe in Großbritannien sind vom viktorianischen Stil geprägt – zum Beispiel Highgate Cemetry in London, wo auch Karl Marx begraben liegt (eine ziemlich protzige Büste erinnert seit den 1950ern an ihn. Ob ihm das gefallen hätte?). Eine völlig andere Atmosphäre hat das Cross Bones Graveyard in Southwark, einst eine ungeweihte Grabstätte für „single women“, womit Prostituierte gemeint waren. Die Kirche verweigerte ihnen ein christliches Begräbnis. Hier wurden auch Massengräber von Pestopfern gefunden, darunter viele Kinder. Der Ort hat, obwohl nicht besonders schön und erhaben, seine eigene Würde. Bunte Wimpel und Symbole verschiedener Religionen erinnern an Tote, deren Namen und Schicksal niemand kennt, und auch die „single women“ sind somit nicht vergessen.
Erwähnen möchten wir noch den Postman's Park in London, der ganz in der Nähe der St. Paul´s Cathedral auf einem ehemaligen Friedhofsgelände liegt. Hier ist eine sehenswerte Gedenkstätte für Menschen, die andere gerettet haben und dabei umkamen – vom Kindermädchen, das die ihr anvertrauten Kleinen in Sicherheit brachte, selbst aber nicht mehr aus dem brennenden Haus kam, bis zum jungen Mann, der einen Ertrinkenden an Land zog und dann in den Fluten ertrank.
Hier gibt es einen Überblick über sehenswerte Friedhöfe in London: www.london.de/sehenswuerdigkeiten/friedhoefe
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