Am 23. April feiern die Engländer ihren nationalen Feiertag, St. George´s Day – und auch dieses Jahr müssen sie die Festlichkeiten nicht in den Feierabend verschieben oder einen Tag Urlaub nehmen. Zwar ist das Datum trotz zahlreicher Bemühungen immer noch kein „bank holiday“, anders als etwa der St. Andrew´s Day der Schotten im November. Aber ein Sonntag! Und letztes Jahr war´s ein Samstag.
Der Heilige Georg, der auch einige andere Länder beschützt und dessen Symbol das rote Kreuz auf weißem Grund ist, war allerdings mit hoher Wahrscheinlichkeit nie auf den Britischen Inseln. Denn er stammt aus der heutigen Türkei, war ein Offizier der römischen Armee und starb für seinen christlichen Glauben den Märtyrertod. In nahezu allen Darstellungen liegt dem speerschwingenden Schutzpatron ein grässliches Wesen zu Füßen – ein Drache. Georg ist einer von vielen, vielen Drachentötern, zu Englisch „dragon slayers“, die in alten Legenden auftauchen. Und das hat eigentlich nichts mit dem Christentum zu tun, obwohl Georgs Drache als Symbol des Bösen und somit des Teufels interpretiert wird, sondern ist um einiges älter.
Georg hat, indem er das Ungeheuer erschlug, eine schöne Jungfrau gerettet – ebenfalls ein Motiv, das immer wiederkehrt. Um den Drachen bei Laune zu halten, müssen in diesen Geschichten fast immer Opfer von den Anwohnern gebracht werden, meist in Gestalt junger Leute.
Einige Forscher sehen in dem Drachentöter-Mythos ein Sinnbild der Emanzipation des Menschen von der Natur – das Ungeheuer, das in einer Höhle lebt, kriechenden Wesen wie Schlangen und Würmern ähnelt und manchmal auch noch Feuer speit wie ein Vulkan, terrorisiert die Menschen. Bis einer von ihnen es mit Kraft, aber auch mit Intelligenz besiegt. Damit nimmt er das Schicksal in die eigene Hand. Eine interessante Idee, oder?
Happy St. George´s Day! Als Anglophile dürfen wir bestimmt mitfeiern.
PS. Im Deutschen gibt es manchmal Verwirrung, ob es „der Drache“ oder „der Drachen“ heißt – der erste ist das Monster, der zweite das bunte Flugobjekt an der Leine. Im Englischen ist die Sache klar. Da spuckt der „dragon“ Feuer, und der „kite“ flattert am Himmel. Keinerlei Verwechslungsgefahr!
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